Lebensraum erhalten – aktiver Naturschutz an der Oker

Neues Naturprojekt 2015 des ASV Hillerse in Hillerse

Naturnahe Gestaltung eines Teilstücks des sogenannten „Staugrabens“

Nachdem wir in 2014 bereits erfolgreich strukturverbessernde Maßnahmen in der Oker durchgeführt haben (https://asv-hillerse.de/strukturverbesserungsmassnahmen-in-der-oker-niedersachsen/), wollen wir auch 2015 weitere Gewässer- und Naturschutzmaßnahmen durchführen. Unseren Fokus haben wir schon seit einigen Jahren auf den sogenannten „Staugraben“, westlich von Hillerse, gerichtet.

Zur Historie

Der „große Staugraben“, wie er auf einer Karte von Hillerse aus dem Jahre 1929 heißt, diente ursprünglich der Bewässerung der zwischen Oker und Staugraben gelegenen Wiesen. An wechselnden Tagen hatten damals die Besitzer bzw. Mitglieder der Staugemeinschaft das Recht, den Graben für sich zu stauen und zur Bewässerung ihrer Wiesen zu nutzen. Im Bereich der Erse bei Rietze gibt es dieses Bewässerungssystem noch heute.

Im Zuge der Umnutzung und Flurbereinigung wurde Anfang der 60er Jahre der „große Staugraben“ gänzlich entfernt und es waren nur noch Entwässerungsgräben senkrecht zur Oker vorhanden. Man merkte aber sehr schnell, dass der nötige Wasserabfluss nicht ausreichend war und der neue Staugraben mit Mündung gegenüber Gerhard Holstes Wiese entstand. In den 70er Jahren wurde nochmals umgebaut und das noch heute bestehende gemauerte Gerinne mit Sohlabsturz vor der Einmündung in die Oker entstand.

02_Bachschmerle aus dem Staugraben
Eine der letzten von uns nachgewiesenen Bachschmerlen.

Der Graben selbst war früher von Weißfischen, Gründlingen, Stichlingen und Bachschmerlen besiedelt und wurde, je nach Wasserstand und Verschmutzungszustand, von Hechten als Laichhabitat genutzt. (Nachweis durch eigene Beobachtung)

Welche Probleme hat dieses Kleingewässer und wie sind unsere Lösungsansätze?

Das Wassereinzugsgebiet des Staugrabens liegt im Bereich der Abwasserverregnung Braunschweig (http://www.abwasserverband-bs.de) und ist umgeben von intensiv genutzten landwirtschaftlich Flächen. Der Nährstoffeintrag ist dementsprechend hoch, allerdings ist er in den 70er bis 90er Jahren wesentlich höher gewesen, so dass eine Vitalisierung und naturnahe Umgestaltung zum jetzigen Zeitpunkt durchaus erfolgversprechend sein kann. Allerdings ist eine weitere Verringerung von Nährstoffeinträgen mittelfristig anzustreben.

Der Staugraben weist ein überbreites Kastenprofil im Verhältnis zum Gefälle auf, so dass die Gewässersohle sich nicht selbst freispülen bzw. strukturieren kann und sich entsprechend Faulschlamm in der Folge ablagert. Dies behindert die biologische Selbstreinigung und die Wasserwerte werden weiter verschlechtert.

Staugraben nach der Unterhaltungsnaßnahme 2014 2
Staugraben nach der Unterhaltungsnaßnahme 2014 – Der Uferbereich ist von Bepflanzung “befreit”, der Gewässergrund ausgeräumt.
06_Sohlabsturz
Dieser Sohlabsturz macht eine natürliche Wiederbesiedlung durch Wasserlebewesen zusätzlich fast unmöglich.
05_Tote Frösche
Absterben geschützter Amphibienarten im Frühjahr

Der Staugraben unterliegt zudem einer „harten Unterhaltung“, d. h. beide Böschungsseiten werden mindestens jährlich gemäht und die Grabensohle vollständig geräumt. Damit wird fast sämtliche Fauna und Flora aus dem Staugraben und der Böschung entfernt. Bedingt durch den vor der Mündung in die Oker vorhandenen Sohlabsturz ist die Wiederbesiedelung durch Wasserlebewesen nur bei Hochwasserereignissen möglich und dementsprechend langsam entwickelt sich das Leben in dem Kleingewässer neu. Nach der Unterhaltungsmaßnahme im Herbst 2014 waren keine vormals vorhandenen Stichlinge und Bachschmerlen mehr im Staugraben zu finden. Erst mit dem Hochwasser Anfang April 2015 fanden zumindest die Stichlinge ihren Weg zurück. Allerdings ist es auch zeitgleich mit dem Regen/Hochwasserereignissen Ende März, Anfang April zu einem Fisch- bzw. Amphibiensterben im Staugraben gekommen.

 

03_Messstelle 3
Messarbeiten durch Mitglieder des ASV Hillerse e.V.

Im März 2015 haben die Mitglieder des ASV Hillerse die Höhendifferenzen ab Straßenbrücke L 320 bis zur Okereinmündung ausnivelliert, um das größtmögliche Gesamtgefälle des Stau-grabens zu ermitteln.

 

Das mögliche Gefälle soll zukünftig gänzlich genutzt werden um die Fließgeschwindigkeit zu erhöhen, damit sich eine Stromrinne freihält, die den Abfluss auch ohne Unterhaltungsmaßnahmen an der Sohle gewährleistet.

Hierzu ist es auch notwendig, den Niedrigwasserquerschnitt des Grabens einzuengen und mäandernd neu zu gestalten. Das soll, wenn möglich, im vorhandenen Profil erfolgen. Im Grabenprofil selbst ist bereits Kies vorhanden, weiterer Kies soll eingebracht werden.

 

Ein wichtiger Punkt ist die ganzjährige Durchgängigkeit für Wasserlebewesen. Hierzu muss der vorhandene Sohlabsturz in eine Gleite oder einen Beckenpass umgebaut werden. Für die naturnahe Gestaltung und den Umbau des Sohlabsturzes ist eine wasserrechtliche Genehmigung notwendig. Auch für die notwendigen hydraulischen Berechnungen zum Wasserabfluss, die Dimensionierung, Ausführung und Funktionalität einer Gleite oder eines Beckenpasses benötigen wir professionelle Hilfe, die wir beim Ingenieurbüro Heuer-Jungemann gefunden haben.

Eine Lösung für die zukünftig von uns gewünschte schonende Unterhaltung werden wir vor Ort am Objekt, in gemeinsamen Konsens mit dem Abwasserverband entwickeln.

Mitmachen?

Ein wichtiger Aspekt dieses Projektes ist die Umweltbildung und Einbeziehung aller am Naturschutz interessierten Institutionen und Personen. Jeder der sich mit Fachwissen, Arbeitskraft, finanziell oder sonst wie einbringen will, kann sich unter asv-hillerse@t-online.de

zum „Projekt Staugraben“ melden.

Projektplan: 1.rechtliche, 2.fachliche, 3.finanzielle und 4. bauliche Realisierung des Projekts:

 

1.

-Genehmigung durch die Untere Wasser- und Naturschutzbehörde des Landkreis Gifhorn

-Erlaubnis durch den Eigentümer die Gemeinde Hillerse und die Unterhaltung durchführenden Abwasserverband Braunschweig

-Niedersächsischer Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN)
2.

-Ingenieurbüro Heuer-Jungemann

-Gewässerwarte und Naturschutzbeauftragter des ASV Hillerse e.V.

3.

-NLWKN (Fließgewässerförderung kleiner Maßnahmen) mit 13500 €

-ASV Hillerse mit 1500 €

4.

-Mitglieder des ASV Hillerse

-Mietmaschinen

-Peschke Containerdienst GmbH

 

Weitere Infos & Kontaktmöglichkeiten unter www.asv-hillerse.de

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